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Schlageterbund


Schlageterbund

Der Schlageterbund taucht in badischen Zeitungen erst knapp ein Jahr nach der Hinrichtung des aus Schönau in Südbaden stammenden Albert Leo Schlageter durch die französische Besatzungsmacht am 26. Mai 1923 wegen Spionage und mehrerer Sprengstoffanschläge im Ruhrkampf auf. Laut sozialdemokratischem Volksfreund vom 7. April 1924 befassten sich französische Zeitungen zu dieser Zeit mit nach Schlageter benannten Geheimbünden in Gelsenkirchen und Essen. Das vor allem zur Überwachung der links- und rechtsextremen Parteien und Organisationen im Mai 1922 gegründete Badische Landespolizeiamt berichtete erstmals am 15. Juli 1925 über den Schlageterbund, der unter Leitung des im September des Vorjahres nach der Entlassung aus der Festungshaft in Landsberg nach Baden zurückgekehrten späteren badischen Gauleiters der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Robert Wagner neue Ortsgruppen unter anderem in Karlsruhe gegründet habe.

Wagner fungierte als Landesleiter und gab später zurückblickend an, er habe den Auftrag bekommen, in Baden den Frontkriegerbund als Tarnorganisation der verbotenen NSDAP zu gründen. Offensichtlich wurde aus diesem dann rasch der Schlageterbund (Frontkriegerbund). Die größte Ortsgruppe im März 1925 war die in Pforzheim mit 500 Personen, darunter die ehemaligen Mitglieder des Wehrwolf Pforzheim, gefolgt von Karlsruhe mit 300 Mitgliedern. Verbindungen der badischen Schlagetergruppen zu dem aus der Organisation Heinz um Heinz Hauenstein und Wilhelm Hügenell in Düsseldorf entstandenen Bund Schlageter (Bund der Freunde Schlageters) können allerdings nicht nachgewiesen werden.

Schon Ende 1924 hatte der Student der Elektrotechnik Karl Hiller in Durlach den Schlageterbund organisiert, in dem sich die völkisch gesinnte Jugend zusammenfand und die sich als Jugendorganisation des Frontkriegerbundes München e. V. verstand. Karl Hiller war der Sohn des Gewerbeschuldirektors, Stadtverordneten der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und Ehrenvorsitzenden des Militärvereins Karl Hiller. Der Durlacher Schlageterbund hatte 80 bis 100 Mitglieder, die uniformiert auftraten und sich in der Tradition des Wilhelminischen Reiches und der Frontsoldaten des Ersten Weltkrieges sahen. Am 22. März 1925 fand eine Bismarckfeier im Saal der Durlacher Festhalle der Vaterländischen Verbände statt, bei der die Kapelle des Karlsruher Schlageterbundes und der gemischte Chor der Militärvereine Durlachs sowie Mitglieder der Ortsgruppen Bruchsal, Ettlingen, Heidelberg und Karlsruhe mitwirkten. Robert Wagner verteilte im Auftrag Ludendorffs zehn Frontkämpferkreuze. Das Landespolizeiamt vermerkte, dass der Schlageterbund aber ansonsten kaum in Erscheinung getreten sei.

Am Abend des 26. April 1925, dem Tag des zweiten Wahlgangs der Reichspräsidentenwahl kam es dann zu einem Zusammenstoß mit Reichsbannerleuten, bei der der Schlagetermann Fritz Kröber zu Tode kam. Kröber wurde damit wie Schlageter zu einer der Heldenfiguren der Nationalsozialisten. Ende des Jahres firmierte die Ortsgruppe Durlach dann als SA Schlageterbund. Dies deckt sich mit der Erzählung, dass der Schlageterbund zunächst die Kampfgruppe der NSDAP war. Auch später wurde diese Kontinuität in Durlach inszeniert, so als im Mai 1936 beim Umzug der SA in das neue SA-Heim im Marstallgebäude auch die Schlageterfahne feierlich in die neuen SA-Räume getragen wurde.

In Karlsruhe existierte Mitte der 1920er-Jahre eine Ortsgruppe des Treubunds Schlageter, die am 16. Januar 1926 im Saal des Löwenrachen eine Weihnachtsfeier abhielt. Festredner war Fritz Plattner, der spätere badische Gaubetriebszellenleiter, ein Beispiel für die starke Verflechtung des Schlageterbundes mit der NSDAP. Noch in diesem Jahr schloss sich dieser der Organisation Roßbach an, die auf das Freicorps des Oberleutnants Gerhard Roßbach zurückging. Das Landespolizeiamt berichtete, dass sich die Freischar Roßbach, früher Schlageterbund Karlsruhe, mit 50 bis 60 Mann am Deutschen Tag in Echtersheim am 15. August 1926 beteiligt habe. 1927 ging die Organisation, die am 9. Januar noch eine Weihnachtsfeier in Karlsruhe abgehalten hatte, in der Sturmabteilung (SA) der NSDAP auf.

Der Schlageterbund war eindeutig zunächst eine Tarnorganisation der NSDAP bzw. der SA, existierte dann noch eine Zeitlang neben der NSDAP und ging schließlich in dieser auf.

Ernst Otto Bräunche 2025

Quellen

GLA 309/6160-6161; Staatsarchiv Freiburg A 96/1 1617, https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/thumbnails.php?bestand=22869&id=2369155&syssuche=1617&logik=und; Karlsruher Zeitungen 1920-1933, https://digital.blb-karlsruhe.de/topic/view/7756828 (Zugriff jeweils am 17. November 2024).

Literatur

Susanne Asche: Die Bürgerstadt, in: Susanne Asche/Olivia Hochstrasser: Durlach. Staufergründung - Fürstenresidenz – Bürgerstadt, Karlsruhe 1996, S. 387 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 17), https://stadtgeschichte.karlsruhe.de/materialien-zur-stadtgeschichte/publikationen-zur-stadtgeschichte-digital/buecher-zur-stadtgeschichte/vergriffene-publikationen-stadtarchiv (Zugriff am 19. Oktober 2022); Stefan Zwicker: "Nationale Märtyrer": Albert Leo Schlageter und Julius Fučík. Heldenkult, Propaganda und Erinnerungskultur, Paderborn 2006 (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart), https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00052141_00001.html (Zugriff am 27. Januar 2025).