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Badenia-Verlag und Druckerei AG


Gebäudekomplex der Badenia-Druckerei mit Badischem Beobachter Ecke Adlerstraße/Steinstraße, 1927, Badenia-Archiv.
Rotationstiefdruckhalle des Badenia-Verlags in der Adlerstraße, 1968, Foto: Erich Bauer, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf 449.
Setzerei des Badenia-Verlags in der Adlerstraße, um 1960, Foto: Erich Bauer, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf 438.

Badenia-Verlag und Druckerei AG

Am 4. Dezember 1873 beschlossen die führenden Politiker der Katholischen Volkspartei, des späteren Zentrums, die Gründung der BADENIA Verlag und Druckerei AG, um den Druck der seit 1859 zunächst als Karlsruher Anzeiger, dann seit 1863 als Badischer Beobachter erscheinenden Parteizeitung auf eine sichere Basis zu stellen. Der Badische Beobachter hatte wegen seiner großdeutschen Haltung zunehmend Schwierigkeiten bekommen. Als deshalb im Sommer 1866 der Karlsruher Verleger Theodor Gerbracht den Druck des Blattes kündigte, fand sich trotz intensiver Bemühungen keine neue Druckerei, so dass der Beobachter zum 1. August 1866 nach Freiburg umgezogen war. Dieser erzwungene Umzug gab letztlich den Anstoß zur Gründung der Badenia.

Treibende Kraft war Franz Xaver Lender, der Fraktionsvorsitzenden der Katholischen Volkspartei, unterstützt von der gesamten Parteispitze, um die finanzielle Basis des Badischen Beobachters zu sichern. Tatsächlich wurde die Zeitung wohl nur so vor dem drohenden Ruin gerettet. Die erste Generalversammlung fand am 7. April 1874 in Achern statt. Unter den 260 Aktionären waren allein 174 Pfarrer oder sonstige Geistliche, das heißt sie stellten zwei Drittel der Aktionäre. Außerdem besaßen einige badische Kirchenkapitel noch 45 Aktien. Die übrigen Aktien waren und blieben bis auf wenige Ausnahmen in den Händen von Personen, die der Katholischen Volkspartei nahestanden. Bereits zum 1. April war die Druckerei Leopold Schweiß, die den Badischen Beobachter seit dem 1. Oktober 1871 druckte, in den Besitz der im Entstehen begriffenen Aktiengesellschaft übergegangen. Am 1. April erschien die erste Nummer der Zeitung mit dem Signum "Druck und Verlag der A.G. Badenia, L. Großmann, Faktor".

Seit 1874 druckte die Badenia die Werbematerialen der Katholischen Volkspartei, später des Zentrums. Im Laufe der Jahre waren zudem eine Reihe von Unterhaltungsblättern gegründet worden, deren erfolgreichstes "Sterne und Blumen" eine weite Verbreitung im In- und Ausland fand. Zum festen Repertoire der Verlagstätigkeit gehörten seit der Gründung der Badenia aber vor allem religiöse, heimatkundliche und politische Schriften. Bei kirchlichen Jubiläen erschienen entsprechende Schriften, der badische Zentrumsführer Theodor Wacker ließ seine Veröffentlichungen bei der Badenia drucken, 1899 waren es allein drei. Ein regelrechter Buch-Verlag wurde aber erst im Jahr 1913 gegründet.

In die Kriegszeit versuchte der Verlag, dem stetigen Rückgang der Einnahmen bei den Unterhaltungsblättern entgegenzuwirken, und brachte ein katholisches Familienblatt heraus, das "St. Konradsblatt. Familienblatt der Erzdiözese Freiburg". Schon im ersten Jahr des Erscheinens stieg die Auflage von 15.000 auf 27.000 Exemplare. Dafür mussten allerdings 1919 die seitherigen Unterhaltungsblätter "Sonntagsblatt" und "Sonntagsfeier", 1920 auch "Sterne und Blumen" ihr Erscheinen einstellen, was aber durch die gute Aufnahme des “St. Konradsblattes” mehr als wettgemacht wurde. Nach Kriegsende stieg die Auflagenhöhe kontinuierlich an und erreichte 1925 über 80.0000 Exemplare. Auch der 1917 erstmals aufgelegte St. Konradskalender trug wesentlich dazu bei, dass keine Verluste auftraten. Die Wirtschaftskrisen der Weimarer Republik überstand der Verlag insgesamt relativ unbeschadet. Obwohl der Badische Beobachter nach wie vor ein Zuschussgeschäft war und auch immer wieder Mittel an die Zentrumspartei abgeführt wurden, erwies sich die enge Anbindung an den erzbischöflichen Stuhl als ein sicheres Fundament. Doch seit 1931 zeigte die Weltwirtschaftskrise ihre Wirkung, die Einnahmen gingen zurück.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten änderten sich die Rahmenbedingungen grundlegend. Schon bald hatte die Badenia den Druck der seit 1928 von den vier badischen Handwerkskammern herausgegebenen und in der Badenia-Druckerei hergestellten Halbmonatsschrift "Badisches Handwerk" eingestellt. Als Verlag der von den Nationalsozialisten bekämpften Zentrumspartei war man sofort von der politischen Neuorientierung betroffen. Ein weiteres Standbein verschaffte sich die Badenia nun aber durch den Druck des Katholischen Gemeindeblatts Karlsruhe, das aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit dem Stadtdekanat gemeinsam mit dem Konradsblatt herausgegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Badische Beobachter nach mehr als 70 Jahren sein Erscheinen aufgrund der Anordnung des Präsidenten der Reichspressekammer vom 24. April 1935 zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens einstellen müssen. Am 31. Dezember 1935 erschien die letzte Ausgabe. Der dadurch bedingte Umsatzrückgang wirkte sich aber erst 1936 aus.

Im Zweiten Weltkrieg blieben die Gebäude der Badenia nicht von Kriegsschäden verschont, die Adlerstraße 42 wurde vollständig zerstört, die anderen Gebäude schwer beschädigt. 1945 musste die Badenia, die 14 Personen beschäftigte, schließlich ihren Betrieb einstellen. Die Genehmigung zum Betrieb der Druckerei wurde aber noch im Juli erteilt. Dagegen zögerte sich die Lizenzerteilung für den Verlag bis Ende Dezember hinaus. Nun konnte im Laufe des Januar 1946 die eigentliche Verlagstätigkeit wieder aufgenommen werden, das Konradsblatt erschien wieder, der Konradskalender folgte 1949.

Die am 1. Juli 1953 mit maßgeblicher Hilfe des Erzbischöflichen Ordinariats Freiburg erstmals erschienene Badische Volkszeitung konnte nie an den Erfolg des Badischen Beobachters anschließen und musste im Zuge der Zeitungskrise in den 1960er-Jahren ihr Erscheinen zum 31. Mai 1968 gegen den Widerstand des Aufsichtsratsvorsitzenden und letzten Zentrumsvorsitzenden Generalvikar Ernst Föhr einstellen. Die Auflage hatte sich von rund 25.000 im Jahr 1953 fast halbiert. Zu diesem Zeitpunkt war aus der AG eine GmbH geworden und mit dem Neubau in der Rudolf-Freytag-Straße begonnen worden, der am 2. Oktober 1969 eingeweiht wurde. Unter der Leitung des 1963 eingestellten Direktors Helmut Walter wurde der Betrieb, der 1999 im 125. Jubiläumsjahr 295 Personen beschäftigte, kontinuierlich modernisiert. Dennoch mussten der Buchverlag, der auf mehr als 1.000 verlegte Bücher zurückblicken konnte, 2002 und die Druckerei 2013 den Betrieb einstellen. Die Druckerei beschäftigte zu diesem Zeitpunkt noch rund 100 Personen. Die Gebäude in der Rudolf-Freytag-Straße wurden verkauft und im Oktober 2015 abgerissen, heute steht dort das Fitnessstudio Pfitzenmeier Premium Resort Karlsruhe. Den Verlagsschwerpunkt bildet seitdem das Konradsblatt als 2023 zweitgrößte Bistumszeitung Deutschlands. Das Verlagsbüro befindet sich im Röserhaus am Mendelssohnplatz.

Ernst Otto Bräunche 2023

Quellen

Erzbischöfliches Archiv Freiburg (EAF) EAF B2-43-29-30, B 2-43-47-49; GLA 234/9413-9414, 9418-9419; StadtAK 1/SAS 390, 486; 8/ZGS 52; 75 Jahre Badenia. Festschrift, hrsg. von der Badenia Verlag und Druckerei AG, Karlsruhe 1949; Badischer Beobachter, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/titleinfo/2411045 (Zugriff am 4. Oktober 2023); Badische Volkszeitung, StadtAK 8/Ze 20; Rechenschafts-Berichte der Actiengesellschaft "Badenia" erstattet von dem Directorium, Karlsruhe 1877ff.; WIR Hauszeitschrift der Badenia Verlag und Druckerei 1965-2002.

Literatur

Ernst Otto Bräunche: "ein gewiß zeitgemäßes Unternehmen". 125 Jahre Badenia-Verlag und -Druckerei Karlsruhe, Karlsruhe 1999 (dort weitere Literatur).