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Badenwerk


Die Schwarzenbachtalsperre des Murgwerkes, ohne Jahr, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oVIII 27.
Das Schwarzenbachwerk bei Forbach, ohne Jahr, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oVIII 28.
Das Badenwerkhochhaus in Karlsruhe, um 1970, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA V V 2812.
Das Rheinhafendampfkraftwerk der Badenwerk AG, 1994, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Worch 99.

Badenwerk

Seit den 1890er-Jahren entstanden mit der Lösung der technischen Frage zur Übertragung elektrischer Energie zahlreiche private und kommunale Elektrizitätserzeuger. Badische Großstädte wie Karlsruhe gründeten bis 1901 städtische Elektrizitätswerke. 1912 richtete die Badische Regierung im Innenministerium eine Abteilung für Wasserkraft und Elektrizität ein, um "das Gemeingut Wasserkraft gegen private Begehrlichkeiten zu schützen und die Segnungen der Elektrizität allen Einwohnern gleichermaßen zugutekommen zu lassen". 1913 begann der Bau des staatlichen Murgwerkes bei Forbach im Schwarzwald, das wegen des Ersten Weltkriegs erst 1918/19 vollendet werden konnte. Am 1. Juli 1921 beantwortete der Badische Landtag die zur Streitfrage avancierte Frage, ob es eine staatliche oder private Stromerzeugung und -verteilung geben solle, mit der Gründung der Badischen Landeselektrizitätsversorgungs-Aktiengesellschaft (kurz Badenwerk AG gemäß Art. 2 des Gesetzes). Dieser Name wurde aber erst ab 1938 offiziell benutzt. Alleiniger Inhaber der Aktien war der badische Staat, bei dem sie laut Gesetz verbleiben sollten. 1971 beschloss der baden-württembergische Landtag die Teilprivatisierung durch Veräußerung von Anteilen.

Zum Herzstück mit dem Murgwerk kamen der Bau des Schwarzenbachwerkes (1922-1926) sowie zahlreicher anderer Kraftwerke hinzu, teils in Form einer Beteiligung, so zum Beispiel beim Kohle-Großkraftwerk Mannheim (1921-1923) oder Schluchseewerk (1928). Neben dem Ausbau durch neue Kraftwerke und Hochspannungsüberlandleitungen, Mittelspannungsleitungen und Transformatorenstationen zur Abspannung von 110 Kilovolt (kV) (heute bis 380 kV) in 20 kV für Ortsnetzeinspeisung bis in entlegene Landesteile wurde der Stromverbund vorangetrieben, so unter anderem mit der Schweiz (1926), mit dem Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk in Essen (1926), Württemberg (1928) und Frankreich (1963). Seit den 1960er-Jahren beteiligte sich das ursprünglich auf Wasserkraft, dann auch auf Kohle bauende Stromerzeugungsunternehmen an den frühen deutschen Kernkraftwerken (Obrigheim 1964 zu 28 %, Philippsburg 1969 mit 50 %), durch Abnahmeverträge auch am Strom der französischen Atommeiler Fessenheim und Cattenom, so dass zeitweise bis 70 % der Badenwerkstromerzeugung aus der Kernkraft rührte (Verteilung auf Energieträger 1997: Kernkraft 67,5 %, Kohle 15,8 %, Wasserkraft 11,1 %, nicht eindeutig zuordenbar 5,6 %).

Die Besitzverhältnisse anhand der Aktienanteile wiesen 1992 50 % Landeseigentum auf, jeweils rund 15 % hielt der Badische Elektrizitätsverband (das sind Kommunen, darunter auch die Stadt Karlsruhe, die 1985 5 % Anteile am Badenwerk erwarb) und der Zweckverband Oberschwäbischer Elektrizitätswerke sowie knapp 10 % das Kraftübertragungswerk Rheinfelden, die restlichen 10 % befanden sich in Streubesitz. Das Unternehmen beschäftigte 1921 etwa 100 Personen, 1940 1.071, 1960 2.162, 1995 3.503 und 1997 2.918, den allergrößten Teil davon in Karlsruhe, dem Sitz des Unternehmens.

In den 1990er-Jahren verfolgte das Badenwerk wie andere große Energieversorger die Strategie vom Stromunternehmen zum modernen Dienstleistungsunternehmen. Die Diversifikation erfolgte durch Unternehmenseinstiege, zum Beispiel bei der Kreutler GmbH, einem Kommunikationstechnologieunternehmen in Ettlingen 1996, oder der Gründung von Tochterunternehmen wie USEG Umweltservice GmbH (Entsorgung). 1996 bezeichnete der baden-württembergische Landesrechnungshof die Entwicklung des Badenwerks zu einem Konzern mit Tochter- und Enkelunternehmen, "bei denen noch kompliziertere, kaum mehr überschaubare Beteiligungsstrukturen geschaffen [wurden] und dabei die [landeseigene] Finanzkontrolle immer weiter eingeschränkt wurde".

1989 gab es erste Gespräche mit der württembergischen EVS (Energie-Versorgung Schwaben AG) über eine Fusion, die 1993 zunächst scheiterten und dann doch zum 1. Januar 1997 zur Gründung der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) führte.

Der Sitz der Hauptverwaltung des Badenwerks war bis 1965 die Hebelstraße 2-4, ehe ein eigener Neubau mit dem repräsentativen 20-stöckigen Hochhaus im Stil des modernen Funktionalismus in der Badenwerkstraße 2 (später Landratsamt, Beiertheimer Allee 2) die Raumknappheit mit über die Stadt verstreuten Stellen behob. Dort arbeiteten 1995 rund 850 Beschäftigte. Seit 1991 war eine Erweiterung des Bürohochhauses mit einem Glasbaudreieck auf dem benachbarten ehemaligen Opel-Gelände an der Hermann-Billing-/Ritterstraße geplant, ehe 1994 der Umzug der gesamten Firmenzentrale in einen Neubau auf dem Areal der ehemaligen Milchzentrale an der Durlacher Allee geplant und 1997 vollzogen wurde.

1953 bis 1956 wurde das betriebseigene Rheinhafendampfkraftwerk beim Eingang des Karlsruher Rheinhafens erbaut, zunächst mit einer 60 Megawatt (MW)-Turbine, dem bis 1965 fünf weitere Blocks folgten, 1984 der siebte Block mit 500 MW. 1968 wurde der markante 200 Meter hohe Schornstein, später erhöht auf 230 Meter, errichtet.

1954/55 entstand in Daxlanden eine Wohnsiedlung für die Betriebsangehörigen des Rheinhafendampfkraftwerks. Die Tochtergesellschaft USEG begann im Rheinhafen mit dem Betrieb einer Müllsortieranlage zum Recyceln nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz von 1991. 1995 wurde die vom Badenwerkvorstand als Ei des Kolumbus gepriesene Thermoselect-Müllverbrennungsanlage nach Lizenzerwerb 1993 als aufsehenerregender Bau im Rheinhafen errichtet. Nach desaströsem Testbetrieb wurde die Anlage 2003 stillgelegt, die Skandalisierung hielt seitdem an; mindestens 167 Millionen Euro waren in das als Ruine stehengebliebene Gebäude vergeblich investiert worden.

Stromerzeugung und Verteilung in Karlsruhe beruhten auf Absprachen zwischen der Stadt (Stadtwerke) und dem Badenwerk. Mit Ausgliederung der Stadtwerke GmbH 1997 als nicht mehr rein städtischer Betrieb erwarb die ENBW 20 % Anteil daran.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2016/2022

Literatur

Die elektrisierte Gesellschaft. Ausstellung des Badischen Landesmuseums in Zusammenarbeit mit dem Badenwerk aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums, 6. Juli bis 13. Oktober 1996, Karlsruhe 1996; Bernward Janzing: Baden unter Strom. Eine Regionalgeschichte der Elektrifizierung. Von der Wasserkraft ins Solarzeitalter, Vöhrenbach 2002.