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Durlacher Allee


Ortsausgang Durlach Richtung Karlsruhe; im Vordergrund links die Ecke des damaligen Hengst'schen Gartens; am Beginn der Allee der Bahnübergang der alten Eisenbahntrasse Karlsruhe-Heidelberg, 1880, Pfinzgaumusuem Durlach U I 510/9.
Blick in die Durlacher Allee nach Westen, 1918, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 62/36b.
Blick vom neuen Hochhaus Wolfartsweierer Straße 1 Richtung Durlach mit Turmberg, August 1979, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A38/67/4/7.
Ecke Tullastraße, mit Wohnhausgruppe von Otto Büche, 2015, Foto: Roland Feitenhansl.

Durlacher Allee

Die Durlacher Allee ist Teil eines alten Verbindungsweges von der früheren Residenz Durlach nach Mühlburg. Heute ist sie von der Karlsruher Oststadt, wo sie die in West-Ost-Richtung verlaufende Kaiserstraße in einem leichten Knick nach Südosten fortsetzt, mit ihren Hausnummern nach Durlach orientiert, wo sie in die Pfinztalstraße übergeht.

Die Straße beginnt am Durlacher Tor und nimmt in ihrem Verlauf auf ihrer Nordseite die Bernhardstraße, Rudolfstraße, Melanchthonstraße, Georg-Friedrich-Straße, Veilchenstraße, Seubertstraße, Tullastraße, Am Badenwerk und den Weinweg auf. Von Süden kommen Ostendstraße, Lachnerstraße, Degenfeldstraße, Buntestraße/Gottesauer Platz und Schlachthausstraße/Alter Schlachthof hinzu. Gekreuzt wird sie von der Georg-Friedrich-Straße/Wolfartsweierer Straße, dem Ostring und der Autobahn A5.

In den Jahren 1767-1770 wurde die Straße, zusammen mit dem Steinschiffkanal, als geradlinige Pappelallee neu angelegt. Jener Kanal ist ein Seitenkanal des Landgrabens von 1588 und verband diesen mit der Pfinz in Durlach zum Transport von Baumaterial nach Karlsruhe.

Die zunächst namenlose Allee erhielt 1858 auf Karlsruher Gemarkung (damals bis zum heutigen Ostring reichend) den Namen Durlacher Chaussee. Von 1871-1886 hieß sie Durlacher Landstraße und wurde danach, mit Ausweisung der Oststadt als neuem Stadtteil, in Durlacher Allee umbenannt, um Verwechslungen mit der Durlacher Straße im "Dörfle" zu vermeiden. Von 1933-1945 hieß sie Robert-Wagner-Allee nach dem damaligen Gauleiter von Baden (nach der Eingemeindung Durlachs 1938 auf gesamter Länge). Seit 1945 heißt sie wieder Durlacher Allee. Noch 1900 wurde in einem Stadtplan ein weiterer Weg des Karlsruher Fächers im Hardtwald zwischen der Rintheimer Allee (heute Richard-Willstätter-Allee) und der Gottesauer Allee (heute Engesserstraße) als "Durlacher Allee" bezeichnet.

Trotz einiger Kriegsschäden zeigt sich die Bebauung zwischen Durlacher Tor und Gottesauer Platz noch relativ homogen mit zumeist viergeschossigen Wohnhäusern der bürgerlichen Mittelschicht aus der Zeit um 1900 im Stil des Historismus oder Jugendstils. Die Häuser der südlichen Straßenseite besitzen eine durchgehende Vorgartenzone über dem darunter verlaufenden historischen Steinschiffkanal. Weiter bis zur Tullastraße gibt es Wohnhäuser nur auf der Nordseite, einem Bereich, der von Anfang an mit gemischter Gewerbe- und Wohnnutzung ausgewiesen war. Noch weiter Richtung Durlach beherrschen ausschließlich Großbauten des Gewerbes und der städtischen Infrastruktur das Bild.

Am Beginn der Straße, am Durlacher Tor, stand bis zum Bau der gleichnamigen Haltestelle der U-Strab der Berlin-Gedenkstein zur Erinnerung an das geteilte Berlin mit Entfernungsangabe 700 km und den beiden Stadtwappen, einer von insgesamt über 250 derartigen Gedenksteinen weltweit seit 1954. Die Lutherkirche, 1907 erbaut von Curjel & Moser in einer Mischung aus Neuromanik und Jugendstil, ist eine Versammlungskirche mit durchgehend rustizierter Hausteinfassade und markantem, blockhaftem Turm (Nr. 23). Sie steht umgeben von Wohnhäusern an der eigens dafür angelegten kleinen Melanchthonstraße.

Im Fabrikationsgebäude der früheren Firma Wolff & Sohn, vor allem bekannt durch die Kosmetikmarke Kaloderma, ist heute das Polizeipräsidium Karlsruhe untergebracht, in der zugehörigen Fabrikantenvilla das Polizeirevier Karlsruhe-Oststadt, beide 1891 erbaut von Hermann Walder (Nrn. 31 und 33). Von dem namhaften Jugendstil-Architekten Hermann Billing stammt neben vier anderen Bauten in der Oststadt auch ein Wohnhaus in der Durlacher Allee (1905 zusammen mit Wilhelm Stober errichtet, Nr. 59). Ein ganzes Ensemble im Stil des Späthistorismus ist die durch abwechslungsreiche Fassadenrhythmisierung besonders repräsentativ wirkende Wohnhausgruppe an der Ecke zur Tullastraße, 1904 erbaut von Otto Büche (Nr. 69). Die Etagentoiletten und das Fehlen von Badezimmern zeugen jedoch davon, dass hier Wohnungen für die untere Mittelschicht gebaut wurden.

Das Haupt- und Direktionsgebäude des Badischen Gemeindeversicherungsverbands (BGV) wurde 1979 von Karl Heinz Götz, Helmut Bätzner und Hermann Rotermund erbaut (Nr. 56). Es besaß bis zu seiner Generalsanierung 2011 einen charakteristischen polygonalen Kugelaufsatz auf einem Aufzugsschacht. Heute ist das dreigeschossige Gebäude mit Attikageschoss und einer durchgehenden, an den Ecken abgerundeten Glasfassade versehen. Direkt im Anschluss steht das sogenannte "Fächergebäude" des BGV, 2004 erbaut von Hermann Rotermund (Nr. 58).

Nach dem nördlichen Teil des Otto-Dullenkopf-Parks (hier stand nördlich des 1818 zur Artilleriekaserne umfunktionierten Schlosses Gottesaue ein Mannschaftsbau der Kaserne, 1869 von Jakob Hochstetter erbaut, und nach 1945 die Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle) folgen die zur Durlacher Allee gerichteten Gebäude des ehemaligen städtischen Schlacht- und Viehhofs, ab 1886 erbaut von Wilhelm Strieder. Hier ist seit 2006 der "Kreativpark Alter Schlachthof" untergebracht.

Der 1912 angelegte Messplatz musste 1958 durch die Erweiterung des Schlacht- und Viehhofes nach Osten verschoben werden. Die Nordseite der Straße bestimmen ab der Tullastraße zwei Wagenhallen (1912/50) des Betriebshofs Tullastraße der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (Tullastraße 71) und das Verwaltungsgebäude der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), 1997 von Rossmann + Partner erbaut (Nr. 93). Seinen Baukörper zur Durlacher Allee bildet ein völlig verglaster Hallenbau mit Präsentationsräumen und dem Haupteingang. Eine vorstehende Dachkonstruktion von gesamter Gebäudehöhe und -breite mit schräggestellten Stahlstützen schafft den optischen Übergang zur Straße.

Nach dem Ostring (1998) und direkt am 1911-1913 erbauten Bahndamm der Zufahrtsstrecke zum neuen Hauptbahnhof befindet sich die Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA, Nr. 100). Sie steht an der Stelle des 1957 erbauten, großen sogenannten "Scheibengasbehälters" des alten Gaswerks. Das Möbel- und Einrichtungshaus "MANN" wurde 1961 von Handke, Lorenz und Burst erbaut, das vorgesetzte Lagerhochhaus 1970 von Karl und Christoph Kohlbecker zum Bürogebäude umgebaut (Nr. 109). Hier stand bis zu seinem Abriss 1868 das 1811 von Friedrich Arnold errichtete Alleehaus, ein Gasthaus mit Tanzsaal und Badeanstalt, in dem später die erste Badische Zündholzfabrik eingerichtet wurde. Danach folgt das "Durlach Center Karlsruhe", 1968 als Wertkauf-Center eröffnet (später "Walmart" und "real", Nr. 111).

1877 verkehrte zum ersten Mal eine Pferdebahn vom Mühlburger Tor kommend über das Durlacher Tor bis nach Gottesaue. Ab 1881 tat dies zwischen Durlacher Tor und Durlach eine Dampfbahn, die 1900 von der elektrischen Straßenbahn abgelöst wurde. Letztere benutzt seit 1997 eine Unterführung im Bereich des ausgebauten Ostrings, um diese Straße fortan höhenfrei zu kreuzen. Um 1895 bekam die Straße eine Brücke mit Zufahrtsrampen zur Überquerung der Güterumgehungsbahn Hagsfeld. Diese Bahn kreuzt hier bei den Sportanlagen der Eisenbahner Sportgemeinschaft Frankonia den parallel zur Straße verlaufenden und an dieser Stelle offenen Steinschiffkanal des 18. Jahrhunderts. Eine zweite Brücke kam 1911 zur Überquerung der Gleise des neuen Durlacher Bahnhofs hinzu. 1937/38 wurden schließlich beide Bauwerke mit einem durchgehenden Damm einschließlich dritter Brücke verbunden, um die gleichzeitig gebaute Reichsautobahn zu überqueren. Hier befindet sich seitdem die Anschlussstelle Karlsruhe-Durlach. 1957 war der vierspurige Ausbau mit eigenem Gleiskörper für die Straßenbahn fertiggestellt. 1962 erhielt die Durlacher Allee ihre erste Asphaltdecke anstelle des bisherigen Kleinpflasterbelags.

In naher Zukunft werden ein "IKEA"-Möbelhaus (Nordseite, zwischen Eisenbahnbrücke und Weinweg, 2017), die neue "dm"-Zentrale (Nordseite, Alte Karlsruher Straße, 2018, Entwurf: Büro Lederer, Ragnarsdóttir, Oei) und wohl auch das neue Finanzamt (Nordseite, Platz neben dem Polizeipräsidium) die Durlacher Allee bereichern.

Roland Feitenhansl 2015

Literatur

Rainer Beck u. a.: Industriearchitektur in Karlsruhe. Beiträge zur Industrie- und Baugeschichte der ehemaligen Haupt- und Residenzstadt bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, Karlsruhe 1987 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 6); Susanne Asche/Olivia Hochstrasser: Durlach. Staufergründung, Fürstenresidenz, Bürgerstadt, Karlsruhe 1996 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 17), Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 5. September 2022); Ulrike Plate: Der Landgraben in Karlsruhe, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 4/1998, S. 239-243; Bernhard J. Lattner, Roland Feitenhansl: Stille Zeitzeugen. 900 Jahre Karlsruher Architektur, Karlsruhe 2007; Manfred Koch (Hrsg.): Unter Strom. Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Karlsruhe, Karlsruhe 2007 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 20), Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 5. September 2022); Ernst Otto Bräunche (Hrsg.): Die Karlsruher Mess. 100 Jahre Mess auf dem Messplatz an der Durlacher Allee, Karlsruhe 2012.