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Karstadt


Kaufhaus Karstadt, Aufnahme vermutlich rasch nach der Übernahme 1954; das Gebäude hat noch den bauplastischen Schmuck, der in den folgenden Jahren teilweise entfernt und 1981 wiederhergestellt wurde; auf der Ostseite ist ein Zugang zur Passage mit den großen Schaufensterinseln erkennbar, Foto: Erich Bauer, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVe 192.
Haus Kaiserstraße/Ritterstraße; Karstadt erwarb zur Expansion die Nachbargrundstücke, die Nachkriegsnotbauten wurden bis zum großen Neubau als Verkaufsfläche genutzt, Ansicht von 1977, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A34/80/2/21.
Der große Kaufhausneubau kurz vor der Fertigstellung, 1989, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A57/74/3/00.
Der Lichthof des Kaufhauses Karstadt im einfachen Nachkriegsbaustil hatte nichts mehr vom mondänen Charakter des vormaligen Warenhauses Geschwister Knopf, Foto vor 1987, Stadtarchiv Karlsruhe 11/Dig A31/11.

Karstadt

Karstadt begann wie andere spätere Warenhaus-Konzerne als kleines Einzelhandelsgeschäft. 1881 gründete Rudolph Karstadt in Wismar sein "Tuch-, Manufactur- und Confectionsgeschäft Karstadt". Rasch baute er dutzende Filialen in Norddeutschland auf, expandierte weiter und errichtete zahlreiche Warenhauspaläste. 1930 war Karstadt, seit 1920 als AG strukturiert, größter Warenhaus-Konzern in Deutschland mit 89 Filialen. In Karlsruhe gab es bis nach dem Zweiten Weltkrieg kein Karstadt-Haus. Die Filiale der Rudolph Karstadt AG in Karlsruhe entstand zum 1. Januar 1954 durch den Erwerb des Gebäudes des ehemaligen Warenhauses Geschwister Knopf, Kaiserstraße 147-151 von der Alleineigentümerin Margarete Levis geborene Knopf, das seit der Arisierung 1938 als Kaufhaus Hölscher geführt wurde. Auch Karstadt wurde stets Kaufhaus Karstadt genannt.

Nach einer kurzen Umbaumaßnahme mit neuen Rolltreppen und Aufzügen sowie der Erweiterung der Verkaufsfläche von 2.700 auf über 6.500 Quadratmeter begann die Karstadt-Ära mit der großen Eröffnungsveranstaltung am 27. April 1954. Das Haus verfügte im Untergeschoss wieder über eine große Lebensmittelabteilung. Sukzessive wurden Nachbargebäude aufgekauft, so dass Karstadt bereits in den 1960er-Jahren mit Ausnahme von Spielwaren Doering das gesamte Karree Kaiserstraße 147-159, Lammstraße, Zähringerstraße und Ritterstraße umfasste. In dieser Zeit der noch boomenden Kaufhäuser in den Innenstädten plante Karstadt auch gegen die Kundenabwanderung an die aufkommenden Verbrauchermärkte außerhalb der City, in Karlsruhe beispielsweise der Wertkauf von Hugo Mann, eine Expansion. Dazu sollte auch das historische Gebäude von 1914 für einen größeren Neubau auf der Gesamtfläche abgerissen werden. Der Gemeinderat stimmte im Juni 1969 nach großer Auseinandersetzung um den Denkmalschutz der Erweiterung zu, bei der allein die Fassade an der Kaiserstraße erhalten bleiben und in der Lammstraße originalgetreu wiederaufgebaut werden sollte.

Dennoch versuchte Karstadt die folgenden Jahre am Abbruch des Stammhauses festzuhalten. Der im März 1979 vom Gemeinderat bewilligte Bebauungsplan für das gesamte Karstadt-Areal sah die Schließung der großen Baulücke zwischen Bankhof und Zähringerstraße vor, wobei die Zähringerstraße zwischen Lamm- und Ritterstraße, anders als von Karstadt gewünscht, als Fußgängerpassage offen bleiben, somit das zu errichtende Karstadt-Parkhaus kleiner ausfallen sollte. Die historische Fassade war zu erhalten und der Neubau des Kaufhauses auf dem völlig entkernten Areal sollte sich in Farbe und Struktur der geschützten Front angleichen. Das am Ende 140 Millionen DM umfassende große Neubauprojekt begann 1981 mit der Sanierung und der Rekonstruktion der historischen Fassade mit ihrem bauplastischen Schmuck nach alten Fotografien, beispielsweise mit der Neuherstellung der 2,5 Meter hohen Frauenfiguren über dem damaligen Mitteleingang. Historische Bauteile waren nach dem Erwerb 1954 offensichtlich Vorstellungen einer schnörkellosen Moderne zum Opfer gefallen.

Der Hauptneubau verzögerte sich, so dass 1986 zuerst das Parkhaus mit über 350 Stellplätzen fertiggestellt wurde. Der von der Stadt Karlsruhe eng begleitete und gewünschte große Neu- und Umbau als Einkaufsmagnet für die Stadt und das Umland begann dann im Januar 1988 abschnittsweise bei weitergehendem Verkauf. Nach dem Abschluss aller Bauarbeiten öffnete Karstadt am 29. August 1990 wieder das komplette Haus, das nun über eine von 8.000 Quadratmetern auf über 20.000 angewachsene Verkaufsfläche verfügte. Der Personalstand wuchs von 450 auf 700. Innerhalb von drei Jahren verdreifachte sich der Jahresumsatz von 75 Millionen auf 223 Millionen 1993, Karstadt war nun Nummer Eins im Einzelhandel in Karlsruhe vor dem Konkurrenten Hertie. 1993 wurden im Untergeschoss des neuen Rathaus-Erweiterungsbaus in der Lammstraße weitere Geschäftsräume bezogen.

Der Karstadt-Konzern expandierte stetig, hatte schon 1987 die Mehrheit beim Versandhandel- und Reiseunternehmen Neckermann übernommen, erwarb 1993 die Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH, 1999 die Quelle-Schickedanz AG & Co, alles Zeichen der zunehmenden Konzentration der Kaufhauslandschaft in Deutschland. Die Firma hieß nun KarstadtQuelle AG, nach mehreren Umstrukturierungen wurde der Konzern 2007 zu Arcandor mit der Karstadt Warenhaus GmbH als Kernsparte. Der Niedergang der Kaufhäuser beschleunigte sich zu Ende der 1990er-Jahre durch strukturelle Änderungen im Einzelhandel mit großen Verbrauchermärkten oder Discountern, die auch nonfood-Konsumartikel anboten, durch Malls sowie durch verändertes Kundenverhalten. Die Karlsruher Karstadt-Filiale stellte mit ihren guten Umsatzzahlen im Konzernvergleich bis weit nach 2000 eine Ausnahme dar. Sie wurde vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt stets als Flaggschiff im Konzern gepriesen und während der Zeit der Schließungen von Karstadt-Häusern andernorts seit 2000 bis heute noch nicht zur Disposition gestellt.

Die Karstadt-Filiale im ehemalige Kaufhaus Hertie vis-à-vis bestand noch bis 2001 unter seinem bekannten Namen, und wurde dann als Karstadt am Zirkel benannt. Dessen bereits absehbares Ende als eine der beiden Karlsruher Filialen mit seinen 340 Beschäftigten kam im August 2003. Das Gebäude wurde komplett umgebaut und die 26.000 Quadratmeter Nutzfläche wurden seit 2005 abschnittsweise an Handelsgeschäfte und Dienstleister vermietet. Hauptmieter wurden die vorige Sportabteilung, nunmehr als Karstadt Sports auf 5.000 Quadratmetern eine eigenständige Abteilung, auch der später veräußerte konzerneigne Bekleider Sinn Leffers, daneben der dm Drogeriemarkt und das Kaufhaus Breuninger auf 8.000 Quadratmetern. Das oberste Stockwerk wurde für Büroflächen vermietet, im Zirkel entstanden zwei Ladengeschäfte neu, das Parkhaus wurde umgebaut.

Zeitgleich wurde das Karlsruher Stammhaus zwischen 2003 bis 2005 durch freundlicher wirkende Verkaufsflächen mit breiteren Wegen auch im Zusammenhang mit dem Shop-in-Shop-System umgestaltet. Damit orientierte man sich wieder mehr am Warenhaus von einst, anstelle des Kaufhauses mit seinen Wühltischen.

Der Konzern machte mehrere Metamorphosen durch, geriet 2009 in Insolvenz und wechselte noch mehrmals die Mehrheitseigentümer. Karstadt Karlsruhe ist seit 2019 durch die Fusion der zuvor konkurrierenden Galeria Kaufhof GmbH mit der Karstadt Warenhaus GmbH eine Filiale der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH und zählt 280 Beschäftigte (2020), 2014 waren es noch circa 500. 2020 wurde aus Karstadt Sports SportScheck, ein eigenständiger Betrieb im Konzern. Im November 2022 ging der Konzern unter den Schutzschirm und eröffnete ein zweites Insolvenzverfahren.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2022

Quellen

StadtAK 8/ZGS 76; StadtAK 1/H-Reg 5642, 10623.