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Warenhaus Geschwister Knopf


Das alte Warenhaus Geschwister Knopf an der Kaiserstraße/Ecke Lammstraße um 1912; rechts steht bereits der Seitenflügel des Neubaus ab 1912, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVe 545.
Die Rückseite des alten Warenhauses Geschwister Knopf Zähringerstraße/Ecke Lammstraße, um 1910, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XIVe 129.
Der Neubau des Warenhauses Geschwister Knopf, um 1914, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIIIb 727.
Das Interieur des Warenhauses Knopf mit Lichthof, um 1914, Foto aus: Aufsatz E. Grunsky, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, April-Juni 1979, S. 60.
Massenandrang bei der Wiedereröffnung des Kaufhauses Hölscher im Dezember 1945, Foto: Bauer, Stadtarchiv Karlsruhe 7/Nl Knopf 285.
Beleuchtetes Kaufhaus Hölscher zum Weihnachtsverkauf, 1951, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA V V 2224.

Warenhaus Geschwister Knopf

1881 kam der Privatier Ruben Knopf mit seiner Frau Henriette aus dem Städtchen Birnbaum in der preußischen Provinz Posen, von wo auch die Familie Tietz des später konkurrierenden Warenhauses Hermann Tietz stammte, nach Karlsruhe.

Am 3. April 1881 eröffneten ihr jüngster 24jähriger Sohn Max Knopf und seine drei Jahre ältere Schwester Johanna Knopf in Mieträumen im einstigen Palais der Bankiersfamilie Haber unter dem Namen Geschwister Knopf ihr Geschäft für Leinen-, Wäsche- und Weißwaren. Sie warben mit "billigen und festen Preisen". Dieses Handelsprinzip löste das Feilschen ebenso wie das Anschreiben ab, das Sortiment war branchenübergreifend angelegt. Die wohlfeilen Preise gründeten auf der industriellen Massenproduktion, insbesondere im Textilbereich.

Der Geschäftserfolg mit der schrittweisen Ausweitung des Warenangebots beruhte auf einer durchdachten Einkaufspolitik. Die Firma baute einen Engros-Einkauf auf, der den Endetail-Handel des Karlsruher Ladengeschäfts weit überragte, was in knapp 15 Jahren die Gründung zahlreicher Niederlassungen durch Max Knopf selbst und durch andere Mitglieder der Familie, darunter auch der Schwager Rudolf Schmoller und dessen Bruder Hermann, zur Folge hatte: 1882 in Straßburg, 1887 in Freiburg, 1888 in Baden-Baden, Metz, Colmar und Luxemburg Stadt, 1889 in Frankfurt a. M., 1890 in Zürich und Diedenhofen, 1891 in Konstanz und Mannheim, 1892 ein zweites Karlsruher Geschäft in der Kaiserstraße 135 sowie in Saarburg, Bruchsal und Rastatt, 1893 in Ravensburg und Darmstadt, 1894 in München, Bayreuth und Nürnberg, 1896 in Pforzheim. Eine unvollständige Liste führt vor 1914 über 40 Knopf-Standorte - es sollen alles in allem sogar etwa 60 gewesen sein – auf, unter anderem in Gebweiler, Hagenau, Interlaken, Lahr, Lörrach, Ludwigshafen, Luzern, Metz, Molsheim, Offenburg, Pirmasens, Saargemünd, Saarlouis, Schirmeck, Schlettstadt, Schopfheim, St. Gallen, Thann, Weißenburg und Worms. Die Brüder Schmoller waren seit 1888/89 vollberechtigte Teilhaber, schieden aber 1896 wieder aus der Firma aus. Mit ihren Warenhäusern blieben sie aber Teil des Knopf-Konzerns.

Der 1893 geborene Sohn von Max und Paula Knopf, der promovierte Volkswirt Rudolf Knopf und designierte Erbe des Warenhauskonzerns, war zum Jahresbeginn 1921 Teilhaber des bis 1935 als oHG firmierenden Warenhauses Geschwister Knopf geworden. Nach seinem Tod an einer Grippeerkrankung 1924 stieg seine fünf Jahre ältere Schwester Margaret(h)e (Grete), verheiratete Levis, als Teilhaberin in die Firma ein und wurde nach dem Tod des Vaters und Firmengründers Max Knopf 1934 Alleininhaberin. Die bisweilen behauptete Eigentümerschaft ihres Ehemannes, Rechtsanwalt Arthur Levis, trifft aber nicht zu, er vertrat die Firma als Syndikus. Der 22-jährige Sohn Karl Arnold Levis war seit 1935 einer von drei Prokuristen der Firma.

Das Karlsruher Stammhaus wurde stets ausgebaut und vergrößert. Zum umfangreichen Textil- und Schuhsortiment kamen auch Bettwaren, Gardinen und Teppiche sowie Spielwaren hinzu. 1902 waren nach dessen Umzug in die Karlstraße die Gebäude des Bankhauses Veit L. Homburger im selben Karree in der Zähringerstraße 73/75 erworben worden, um einen Neubau für das Engros-Lager zu errichten. Das Ladengeschäft war ebenfalls 1902 erweitert worden und verfügte nun über 18 großzügige Schaufenster an der Ladenfront Kaiserstraße/Lammstraße. 1906 konnte das gesamte Stammhaus Kaiserstraße 147 erworben und großzügig umgebaut werden mit fünf Ein- und Ausgängen, breiten Treppen, Zentralheizung und Erweiterung in den zweiten Stock, wofür eine breitere Fensterfront in den klassizistischen Bau gebrochen wurde. Neu eingerichtet wurde ein Erfrischungsraum, wie ihn die mondänen Großstadtwarenhäuser aufwiesen, um das Einkaufen zu einem Erlebnis werden zu lassen. Nachbargrundstücke wurden erworben und zeitgleich mit dem konkurrierenden Warenhaus Tietz fast gegenüber wurde 1912 bis 1914 ein großzügiger Neubau erstellt.

Den Neubau des siebenstöckigen Stahlbetonbaus mit der sandsteinverkleideten Fassade und den Anleihen an den klassizistischen Charakter des Vorgängerbaus hatte der durch andere Warenhausneubauten etablierte Düsseldorfer Architekt Wilhelm Kreis geplant. Bauleitung und Innenausbau übernahm der Karlsruher Hausarchitekt Camill Frei, die Bauplastiken stammten vom Bildhauer Hermann Binz. Aufsehen erregte der großzügige Lichthof des mondänen Warenhauspalastes. Nach der Eröffnung im Mai 1914 verfügte das Warenhaus über 2.700 Quadratmeter Verkaufsfläche, im Untergeschoss befand sich eine Lebensmittelabteilung. Neue, repräsentative Geschäftshäuser waren bereits 1904 in Mannheim, 1907 in Bruchsal, 1909 in Ravensburg und 1911 in Pforzheim errichtet worden.

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs verlor das Karlsruher Unternehmen seine Niederlassungen im Elsass und konzentrierte sich nun auf seine größeren Häuser in Mannheim, Pforzheim, Bruchsal, Rastatt und Ravensburg. Zum groß gefeierten 50-jährigen Firmenjubiläum 1931 zählte es 500 Beschäftigte. Schon 1898 hatte es einen Brand im Haus gegeben, 1928 dann einen Großbrand im Neubau, der die oberen drei Stockwerke komplett zerstörte. Aufgrund des Brandes wurden reichsweit feuerpolizeiliche Vorschriften für Warenhäuser verändert und in Karlsruhe führte er zu einer organisatorischen Stärkung der Berufsfeuerwehr gegenüber der Freiwilligen Feuerwehr.

Der Aufstieg der Warenhäuser in Deutschland war mit heftiger Kritik verbunden, weil sie durch ihre ökonomische Stärke den kleinen Einzelhandel unter Konkurrenzdruck setzten. So waren die Fragen nach staatlicher Regulierung, Schutz des Kleinhandels oder einer Warenhaussteuer bereits vor 1914 virulent. Die Kritik am scheinbar allmächtigen Handelskapital enthielt auch antisemitische Stereotype. Dies verstärkte sich nach 1919 und schlug sich im Programm der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) von 1920 mit der Forderung nach so genannter Kommunalisierung der Warenhäuser nieder. Am 6. und 7. Juli 1920 wurden abseits einer gewerkschaftlichen Protestdemonstration in Karlsruhe gegen die Lebensmittelteuerung das Warenhaus Knopf und das benachbarte Warenhaus Tietz von einer Menschenmenge unter antisemitischen Vorzeichen belagert, Knopf sogar gestürmt und mit hohem Schaden geplündert.

Nach 1933 setzten die Nationalsozialisten ihr Programm gegen die Warenhäuser zwar nicht um, aber Warenhäuser mit jüdischen Eigentümern wie Knopf gerieten unter den Boykottdruck, der zusammen mit dem Wegfall öffentlicher Einkäufe sowie zum Beispiel Ausschluss vom Ehestandsdarlehen mit starkem Umsatzrückgang verbunden war. Die nationalsozialistische Betriebszellenorganisation innerhalb der Belegschaft bei Knopf setzte der Geschäftsleitung vielfach zu. So stieg der Druck zur "Arisierung", die zum September 1938 mit der Übernahme des Hauses durch den Kaufmann Friedrich Hölscher, zuvor Geschäftsführer bei Rudolf Knoop & Co Leipzig (das 1936 "arisierte" vormalige "Kaufhaus Brühl"), mit den Kommanditisten Dr. Ahlburg und Fritz Denninger, beide Berlin, erfolgte. Während die Knopf-Häuser in Pforzheim, Bruchsal und Ravensburg veräußert wurden, erfolgte die "Arisierung" in Karlsruhe und ebenso in Mannheim so, dass der Lagerbestand sowie die Einrichtung verkauft wurden – für die nach 1945 im Restitutionsverfahren wegen zu niedriger gezahlter Summe nachbezahlt werden musste – die Häuser mit den Grundstücken selbst aber auf zehn Jahre an den jeweiligen "Ariseur" verpachtet wurden. Da der Pachterlös auf ein Treuhandkonto kam und die Eigentümerin Margarethe Levis und ihr Ehemann unter anderem mit der Reichsfluchtsteuer quasi ausgeplündert wurden, kamen sie nach ihrer Ausreise im April 1940 über Triest und Lissabon im Februar 1941 in New York bei dem dort seit Oktober 1938 lebenden Sohn Karl Levis nahezu mittellos an. Mit der Elften Durchführungsverordnung zum Reichsbürgergesetz enteignete das Deutsche Reich Margarethe Levis auch noch formal.

Die Friedrich Hölscher KG eröffnete unter Wegfall der Lebensmittel- und Süßwarenabteilung mit großem Werbeaufwand am 24. September 1938 neu, nannte sich statt Warenhaus fortan Geschäftshaus. Im Zusammenhang der mit dem "totalen Krieg" verbundenen Stilllegungsaktion wurde das Geschäft zum 20. Februar 1943 geschlossen. Hölscher konnte einen eingeschränkten Handel über das Kaufhaus Union, vormals Warenhaus Tietz, abwickeln, während in dem großen Gebäude 21 Karlsruher Einzelhandelsgeschäfte ihre Waren anbieten konnten. Zerstörte Fenster beim Luftangriff vom 4. Dezember 1944 zwangen sie teilweise zum Weiterbetrieb in das Kellergeschoss. Das dennoch weitgehend unversehrte Gebäude wurde nach dem Einmarsch der französischen Truppen am 4. April 1945 für den Propagandafilm zur Einnahme Karlsruhes zusammen mit dem ehemaligen Innenministeriumsgebäude in Brand gesetzt.

Am 6. Dezember 1945 fand unter großem Menschenandrang die Wiedereröffnung von Hölscher in einem Stockwerk des Geschäftshauses statt, vor allem mit langentbehrten Haushaltswaren, aber auch zunehmend wieder mit Textilien. 1947/48 begann der eigentliche Wiederaufbau, vor der Währungsreform 1948 waren zweieinhalb Stockwerke wiederhergestellt. 1950 machte der Textilverkauf 75 Prozent des Umsatzes aus, im selben Jahr waren der Lichthof wiederhergestellt und ein Passagengang in der Lammstraße angelegt worden, wie in der beginnenden Wirtschaftswunderzeit an vielen Stellen in der Kaiserstraße. Auf nun 150 Metern Schaufensterfläche konnte das Publikum viele begehrte Konsumartikel bestaunen. Margarethe Levis verlängerte den Pachtvertrag mit Friedrich Hölscher im September 1948 nochmals um fünf Jahre, stand aber gleichzeitig lange in Verkaufsverhandlungen mit Kaufhauskonzernen und auch Friedrich Hölscher bemühte sich sehr um den Kauf. Zum 1. Januar 1954 ging das Kaufhaus schließlich für 2,75 Millionen DM an die Rudolph Karstadt AG über. Zusammen mit Otto Reitze, bisheriger Karstadt-Leiter in Lübeck übernahm Friedrich Hölscher den Posten eines Geschäftsführers, starb aber schon im September 1954

Jürgen-Schuhladen-Krämer 2022

Quellen

StadtAK 8/ZGS Knopf, 7/Nl Knopf; Ausstellung Waren. Haus. Geschichte. Die Knopf-Dynastie und Karlsruhe im Stadtmuseum Karlsruhe 2016 (zus.gestellt von Bernd Serger); zahlreiche Berichte und Inserate in der Presse, u. a. Karlsruher Tagblatt vom 3. April 1881 und 16. November 1906, Der Führer vom 24. September 1938, https://digital.blb-karlsruhe.de/zeitungen/topic/view/2965491 (Zugriff am 14. Oktober 2022).

Literatur

Eberhard Grunsky: Das ehemalige Warenhaus Knopf (heute Karstadt) in Karlsruhe, in Denkmalpflege in Baden-Württemberg, April-Juni 1977, S. 57-64; Bernd Serger: Das Warenhaus Knopf in Karlsruhe, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge, Nr.112, 2016, https://stadtgeschichte.karlsruhe.de/stadtarchiv/blick-in-die-geschichte/ausgaben/blick-112/warenhaus-knopf (Zugriff am 28. Oktober 2022); Marco Wottge: "Arisierung" in der Zeit des Nationalsozialismus in Karlsruhe, Karlsruhe 2022, S. 219-222 (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte, Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 20).