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Gustav Ziegler


Gustav Ziegler

Architekt, * 17. Dezember 1847 Karlsruhe, † 19. Februar 1908 Karlsruhe, ∞ 1874 Elisabeth (Elise) Uetz, 1 Sohn, 3 Töchter.

Nach dem Besuch des Karlsruher Lyzeums erlernte Gustav Ziegler, Sohn eines Vergolders, zunächst in Zürich das Zimmermannshandwerk. Über seinen Schwager Konstantin Weltin lernte Ziegler dort den renommierten Architekten Gottfried Semper kennen. Diese Bekanntschaft bewog ihn, von Herbst 1865 bis Frühjahr 1867 an der Bauschule des Karlsruher Polytechnikums Architektur zu studieren. Zu seinen Lehrern zählten Jakob Hochstetter und Heinrich Lang. Im Anschluss folgte ein längerer Italienaufenthalt. 1870/71 nahm er mit dem 2. Badischen Dragoner-Regiment Nr. 21 am Deutsch-Französischen Krieg teil, seit September 1870 als Secondelieutenant.

Nach Kriegsende wurde Ziegler Mitarbeiter des auf Villen, Wohn- und Geschäftshäuser spezialisierten Stuttgarter Architekturbüros von Johann Wendelin Braunwald. 1875 wechselte er in ein Baden-Badener Baubüro, bevor er sich 1876 als freischaffender Architekt in Karlsruhe niederließ. Am 24. Dezember 1883 gründete er mit dem in Karlsruhe wohnenden Münchner Architekten Karl Schneemann die Firma G. Ziegler & Cie als offene Handelsgesellschaft. Als gemeinsames Projekt ist der Neubau einer Villa in der Bismarckstraße 51 im Jahr 1885 überliefert. Bereits zum 26. Juli 1886 löste sich die OHG auf, noch im August wurde über Zieglers und über Schneemanns Vermögen ein Konkursverfahren eröffnet, in dessen Verlauf er sein Wohnhaus in der Bismarckstraße 49 mit allem liegenschaftlichen Zugehör einschließlich Grund und Boden verlor.

Ansonsten plante Ziegler zwischen 1880 und 1900 zahlreiche Villen, Wohn- und Mietwohnhäuser für eine finanzstarke Klientel in der Innenstadt-West, der Südwest- und der Weststadt. Den Großteil der Häuser konzipierte er im Stil der Neorenaissance. Es finden sich aber auch einige Bauten, in denen er Stilmittel der Renaissance, Romanik, Gotik und des Barock zu einem historistischen Formenensemble vereinte und dieses in wenigen Fällen noch um moderne Jugendstilelemente bereicherte, wie das Mietwohnhaus in der Sophienstraße 87 (1896). Von den zahlreichen Villenbauten des Architekten haben sich nur wenige erhalten, darunter das heutige Haus Solms (1881) in der Bismarckstraße 24, das er für den Lahrer Privatmann J. G. Heimburger plante, das ehemalige Palais Crismar (1882) in der Schirmerstraße 4a und die ehemalige Villa in der Wörthstraße 4 (1882). Von den Wohn- und Mietwohnhäusern dagegen existieren heute noch etliche, unter anderen in der Bahnhofstraße 12, an der Ecke Bahnhofstraße 16 und Vorholzstraße 2, in der Kriegsstraße 91, 123, 127-129, Moltkestraße 25-29, Sophienstraße 87, 114 sowie in der Stephanienstraße 29, 31, 35. Durch den Umbau des Alten Sudhauses (um 1889) und den Bau des Neuen Sudhauses I (um 1899) der Seldeneck’schen Brauerei in Mühlburg oder auch dem Bau des Maschinenhauses der Möbelfabrik M. Reutlinger & Cie (1899) in der Keßlerstraße 8 trat er auch als Industrie-Architekt in Erscheinung.

Bekannt wurde Ziegler vor allem durch die von ihm entworfene Synagoge für die orthodoxe jüdische Gemeinde, die 1881 im Hinterhof der Karl-Friedrich-Straße 16 entstand, und die 1887 eröffnete Kaiser-Wilhelm-Passage (heute Kaiserpassage), die für die damalige Karlsruher Bevölkerung ein Novum darstellte.

Katja Förster 2020

Quellen

Karlsruher Tagblatt vom 6. Januar 1884 (Handelsregister-Eintrag), 1. August 1886 (Auflösung der OHG), 11. Februar 1887 (Liegenschafts-Versteigerung), https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/titleinfo/2411037 (Zugriff am 4. Februar 2022).

Literatur

Karl Obser: Gustav Ziegler, in: Badische Biographien, Bd. VI, hrsg. von Albert Krieger und Karl Obser, Heidelberg 1935, S. 713 f., https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/structure/247110 (Zugriff am 4. Februar 2022); Industriearchitektur in Karlsruhe. Beiträge zur Industrie- und Baugeschichte der ehemaligen badischen Haupt- und Residenzstadt bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, hrsg. von der Stadt Karlsruhe – Stadtarchiv, 2. überarb. Aufl. 1993, S. 40-46, S. 163 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 6).