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Leichtathletik


Staffellauf beim Leichtathletikvereinsklubkampf Männerturnverein Karlsruhe 1881 e. V. (MTV) gegen Karlsruher Fußballverein (KFV), 12. Mai 1936, Stadtarchiv Karlsruhe 8/SpoA 2096.
Ein internationales Leichtathletiksportfest des KSC war die erste Sportveranstaltung im Wildparkstadion vor dessen offizieller Einweihung, 18. Juli 1955, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A3/130/4/34.
Zwei Teilnehmer der 4 x 110-m-Staffel beim Leichtathletik-Vergleichskampf der Karlsruher Gymnasien im Wildparkstadion, 29. September 1967, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A14/244/2/6.

Leichtathletik

Wegbereiter der Leichtathletik war in Karlsruhe der Fußballsport. 1899 veranstaltete der FC Frankonia die ersten leichtathletischen Wettkämpfe im deutschen Südwesten, die auch Großherzog Friedrich I. und Prinz Max von Baden besuchten. 1911/12 fanden schon 25 solcher Sportveranstaltungen in Karlsruhe statt, wo auch der 1908 gegründete Badische Leichtathletikverband seinen Sitz hatte. In 18 Vereinen in Karlsruhe und in den bis heute eingemeindeten Orten wurde diese Sportart betrieben. Die Sportwettkämpfe mit bis zu 150 Teilnehmern fanden auf provisorisch hergerichteten Fußball- oder Exerzierplätzen wie auch in der Karlsruher Radrennbahn statt. Herausragende Karlsruher Leichtathleten vor 1914 waren Adolf Speck, der erste Deutsche Meister über 110 Meter Hürden, und der Fußballer des Karlsruher Fußballvereins (KFV) Max Breunig, der in den Disziplinen Speer-, Diskus- und Schleuderballwerfen wie im Kugelstoßen stets vorderste Plätze belegte.

Nach dem Ersten Weltkrieg gewann die Leichtathletik immer mehr Anhänger, darunter nun auch zunehmend mehr Frauen. Im Kreis Karlsruhe gehörten 1924 knapp 9.000 Mitglieder 23 Leichtathletik betreibenden Vereinen an, ohne die Sportler der Arbeitersport- oder Turnervereine. Diese strikte Trennung bestand bis 1931, als erstmals Vergleichswettkämpfe zwischen Turnern und Sportlern stattfanden. Größere öffentliche Aufmerksamkeit fanden nun auch Sportfeste mit bis zu 5.000 Zuschauern, für die Sponsoren Preise stifteten und zu denen die Veranstalter auch leistungsstarke auswärtige Sportler verpflichteten. Zum Aufschwung der Leichtathletik führte zum einen die Anlage von Sportstätten (Generalbebauungsplan) mit Aschelaufbahnen und zum anderen intensiveres Training, wofür in Karlsruhe Georg Amberger Pionierarbeit leistete.

Spitzenleistungen boten die 4 x 100-Meter-Staffel des FC Phönix mit Alex Nathan, Otto Faist, Kurt von Rappard und Robert Suhr - die "fliegenden Karlsruher" – als deutsche Meister 1926 und Halter des Europarekords für Vereinsstaffeln mit 41,9 Sekunden, Hans Steinhardt (FC Phönix) 1927 als Deutscher Meister über 110 Meter Hürden (1927, 1928 15,0 Sekunden), die KFV-Athletin Lina Batschauer mit dem Weltrekord 1927 über 800 Meter und Gertrud Gladitsch vom FC Phoenix mit Weltrekordkleistungen über 100 Meter (12,0 Sekunden) und im Weitsprung (5,62 Meter) ebenfalls 1927. Von diesen Rekordleistungen wurde allerdings nur die Bestmarke im Weitsprung und diese auch nur als Deutscher Rekord anerkannt. Steinhardt und Batschauer nahmen an den Olympischen Spielen 1928 teil, wo Batschauer die Goldmedaille gewann. Gladitsch konnte verletzungsbedingt nicht dabei sein.

Die Machtübernahme der Nazis führte ab 1933 zur Gleich- und Selbstgleichschaltung der Sportvereine, jüdische Sportler mussten die Vereine verlassen, Arbeitersportvereine wurden verboten. Ziel der Leichtathleten wurden auch hier die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Erfolgreiche Sportler wie der Hammerwerfer Karl Wolf, der Mittelstreckler Hans Schmidt oder die Kugelstoßerin Lili Unbescheid gehörten nun Vereinen an, die die Dominanz der Fußballvereine in der Leichtathletik ablösten. Zu den Olympischen Spielen schaffte es nur der Sprinter Albert Steinmetz, der über 200 Meter den Zwischenlauf erreichte.

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wiederauf- und Neubau von Sportstätten (Wildparkstadion) erfuhr die Leichtathletik in Karlsruhe einen neuen Aufschwung. In den 1950er- und 1960er-Jahren brachten es fünf herausragende Leichtathleten und eine Leichtathletin auf vier Teilnahmen an Olympischen Spielen, an drei Europameister- und 17 Deutschen Meisterschaften, 102 Berufungen in die Nationalmannschaft sowie drei Welt- und neun Europarekorde bzw. deren Einstellung. Den größten Teil trugen dazu die Sprinter des FC Phönix/KSC bei. Betreut und trainiert von Robert Suhr und Helmut Häfele waren dies Heinz Fütterer, Lothar Knörzer, Carl Kaufmann und Siegfried König. In dem neuen Wildparkstadion fand am 17. Juli 1955 noch vor dessen offizieller Eröfffnung als erste Sportveranstaltung ein internationales Leichtathletiksportfest des KSC statt.

Mit der in den 1970er-Jahren abnehmenden Stärke des Leistungssports in Karlsruhe ging eine Zunahme des vereinsunabhängigen Breitensports einher. In den seit 1964 angebotenen Volksläufen und dem Stadtmarathon seit 1983 mischten sich allerdings bald mit differenzierten gruppenspezifischen Angeboten beide sportlichen Orientierungen. An die Tradition der Sportfeste in der Stadt - darunter auch nationale Vergleiche - konnte mit der Fertigstellung der Europahalle 1983 wieder angeknüpft werden. Hier fanden deutsche, badische und Hochschulmeisterschaften und vor allem seit 1985 das von Siegfried König initiierte Internationale Hallenmeeting statt.

Manfred Koch 2016

Literatur

Klaus Hannecke: Karlsruher Leichtathletikgeschichte 1898-2004. Dokumentation, o.O. [Karlsruhe] o.J. [2005]; Manfred Koch: Leichtathletik in Karlsruhe. Von den Nationalen Olympischen Spielen zum Internationalen Hallenmeeting, in: Ernst Otto Bräunche/Volker Steck (Hrsg.): Sport in Karlsruhe. Von den Anfängen bis heute, Karlsruhe 2006 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Bd. 28).