Menü
Suche

Rheinstrandbad Rappenwört


Baustelle des Rheinstrandbades Rappenwört, 1928/29, Stadtarchiv Karlsruhe 11/DigB 189.
Badebetrieb im Rheinstrandbad, um 1930, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 41/374v/g.
Badebetrieb im Rheinstrandbad bei hochsommerlichem Maiwetter; Blick auf das Wellenbecken, 1966, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A13/45/1/37.
Blick auf das Rheinstrandbad Rappenwört aus südöstlicher Richtung, Mai 2016, Foto: Roland Helfer, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 488/799 DO.

Rheinstrandbad Rappenwört

Hermann-Schneider-Allee 50-54.

Treibende Kraft für das am 20. Juli 1929 eröffnete Rheinstrandbad Rappenwört war der damalige Baubürgermeister Hermann Schneider. Seit 1924 plante er auf der südlich des Karlsruher Rheinhafens gelegenen, von einem Altrheinarm umflossenen Insel Rappenwört ein Rheinstrandbad mit Erholungspark, das auch in Schneiders 1926 vorgelegten Generalbebauungsplan Eingang fand. Ende September 1928 stimmten Bürgerausschuss und Stadtrat dem Rappenwört-Projekt zu, dessen dringliche Ausführung Schneider einerseits mit dem hohen Ausmaß des wilden Badens im Rhein und andererseits mit der hohen Arbeitslosigkeit begründete. Der für die breite Bevölkerung konzipierte Volkspark, der mit 1,08 Millionen Reichsmark veranschlagt war, sollte nämlich zu 41,66 % aus Mitteln der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge finanziert werden.

Um das Bad mit seinen großzügigen Sport- und Freizeitanlagen überhaupt errichten zu können, musste zunächst einmal an der Rheinseite eine sieben Hektar große Waldfläche ausgestockt werden. Danach wurde ein zum Rhein parallel, zur Landseite aber sichelförmig verlaufendes Wasserbecken von 433 Metern Länge, 148 Metern Breite und bis zu acht Metern Tiefe ausgehoben, das so mit dem Rheinstrom verbunden wurde, dass es permanent mit frischem Rheinwasser durchflossen wurde. Böschungen und Treppen umsäumten das seeartige Schwimmbecken, das auf seiner ganzen Länge – markiert durch eine Korkleine – in einen Nichtschwimmerbereich mit 1,10 Metern Tiefe und einen Schwimmerbereich mit zwei Sprungtürmen unterteilt war. Für sehr geübte Schwimmer wurde sogar der Rheinstrom durch Treppenstufen am Flussufer und die Befestigung von vier Schwimmstegen mit je zwei Sprungbrettern zugängig gemacht. Die Hoch- bzw. Strandbauten stehen für den Übergang von der bis dahin herrschenden Bautradition zum Neuen Bauen und sind symmetrisch zur Mittelachse der Gesamtanlage angeordnet: Zentrum bildete das Strandrestaurant, das rechts und links von einer Umkleidehalle mit Turnhof für Frauen und für Männer flankiert war. Das ehemalige Wohnhaus bei der Ziegelei wurde zur Milchausschankstelle umgebaut.

Da das Rheinstrandbad vor allem den einfacheren Bevölkerungsgruppen, die sich keinen auswärtigen Sommerurlaub leisten konnten, zur Erfrischung und Erholung dienen sollte, wurden in dem landschaftlich reizvollen Parkareal zahlreiche Spiel- und Sportstätten errichtet. Allein 18 Plätze gab es für das von Schneider auf einer Amerikareise kennen gelernte und auf der Rheininsel eingeführte Ringtennis, das von hier aus seinen Siegeszug durch ganz Deutschland antrat. Im September 1931 wurden in Rappenwört die ersten deutschen Ringtennismeisterschaften ausgetragen. Ebenso konnten die Badebesucher Fußball, Basketball, Volleyball und Tischtennis spielen oder mit Rhönrädern kreisen und turnen. Etwas abseits vom Schwimm- und Sportbetrieb war auch eine städtische Vogelwarte im Stil des Neuen Bauens errichtet worden, die von Schulklassen und interessierten Personen besucht werden konnte. Die Neubauten fanden in Architekturfachzeitschriften Beachtung: "Im Geiste des Fortschritts sind von den städtischen Bauämtern zwei Anlagen geschaffen worden, die als erfreuliche Kundgebung eines zeitgemäßen Bauwillens gedeutet werden können", schrieb zum Beispiel die Schriftleitung der renommierten Bauzeitung.

Schon in den ersten Wochen nach der Eröffnung des Rheinstrandbades am 20. Juli 1929 stellte man fest, dass der Aufbewahrungsraum für Kleidung erheblich erweitert werden musste. Rund 220.000 Badegäste waren in den ersten zehn Wochen gezählt worden. An den Wochenenden, an denen man mit maximal 6.000 Besuchern gerechnet hatte, waren fast doppelt so viele Gäste gekommen. Auch die 18 Ringtennisplätze reichten nicht aus und wurden bereits im Frühjahr 1930 um 16 weitere ergänzt.

Das Rheinstrandbad entwickelte sich rasch zu einem beliebten Naherholungszentrum für die ganze Familie. In der Badesaison 1930 zählte man 247.318 Besucher. 1943 blieb das Bad zwar aus luftschutztechnischen Gründen geschlossen, die Stadtverwaltung hatte jedoch nichts einzuwenden, dass die badefreudige Bevölkerung "auf eigene Gefahr und Verantwortung" die Anlagen benutzte.

Bei Kriegsende bot das Bad ein Bild der Verwüstung: Die Sprungtürme und die 50-Meter-Schwimmbahn im Rhein waren zerstört, die Rasenfläche durch Schützengräben verwüstet und die Straßenbahnanbindung unterbrochen. Bis August 1945 waren die Instandsetzungsarbeiten soweit abgeschlossen, dass das Freibad wieder für die Bevölkerung geöffnet werden konnte.

1964 wurden ein 50-Meter-Mehrzweckbecken und ein Wellenbecken in Betrieb genommen. 1968 musste der Betrieb des Naturbeckens wegen der schlechten Wasserqualität des Rheins eingestellt werden, was die Schwimmfläche erheblich verkleinerte. Erst mit der Eröffnung eines zweiten 50-Meter-Mehrzweckbeckens 1979 konnte dem Defizit etwas entgegengewirkt werden; bereits fünf Jahre zuvor war für die kleinsten Badebesucher ein Planschbecken errichtet worden.

Konnte das größte Karlsruher Freibad von 1985 mit 219.372 Badegästen bis 1990 mit 253.912 Badegästen noch einen Besucherzuwachs verzeichnen, nahm dieser Trend in den 1990er-Jahren stetig ab und endete 1999 bei 157.390 Besuchern.

Die überregionale Bedeutung des Rheinstrandbades, sichtbar an seinem großem Einzugsgebiet, fand in dem im März 2001 vom Gemeinderat verabschiedeten Bäderkonzept 2000 neben den beiden Schwerpunktbädern Europabad und Fächerbad besondere Berücksichtigung. Trotz eines enormen Investitionsbedarfs soll das Bad bis 2030 zu einem attraktiven Freibad modernisiert werden. Ein erster Schritt erfolgte 2006-2008, indem das ältere Mehrzweckbecken in ein Erlebnis- und Sprungbecken umgebaut wurde. Bis 2018 erfolgten Erneuerungen bei Sportflächen, Werkstatt, Kiosk und Wellenbecken. Von 2020-2030 sind weitere Investitionen in Höhe von 12,2 Millionen Euro vorgesehen, unter anderem für die Generalsanierung des Restaurants, einen neuen Eingangs- und Kassenbereich, ein neues Milchhäusle und die Sanierung von Planschbecken und Umkleidegebäude. Mit diesen Maßnahmen soll das bei Jugendlichen und Familien beliebte Freibad, das wegen seiner großen parkähnlichen Anlage das kostenintensivste Bad der Karlsruher Bäderbetriebe darstellt, in seiner Attraktivität gesteigert werden.

Katja Förster 2021

Quellen

Hermann Schneider: Die Grünpolitik im Karlsruher Generalbebauungsplan. Der Rheinpark Rappenwört, Karlsruhe 1927; Das Karlsruher Rheinstrandbad. Die Erschließung des Rheinwaldes, in: Badische Presse vom 20. September 1928; Das Karlsruher Rheinstrandbad Rappenwört. Sonderbeilage der Badischen Presse zur Eröffnung am 20. Juli 1929 (StadtAK 8/StS 17/74, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/2076510 (Zugriff am 27. Dezember 2021)); Verwaltungsbericht der Landeshauptstadt Karlsruhe für das Wirtschaftsjahr 1928 (1. April 1928-31. März 1929), S. 120, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/titleinfo/3351297 (Zugriff am 27. Dezember 2021); Verwaltungsbericht der Landeshauptstadt Karlsruhe für das Wirtschaftsjahr 1930 (1. April 1930-31. März 1931), S. 78, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/titleinfo/3351300 (Zugriff am 27. Dezember 2021); Badedirektor Ernst Müller: Erfahrungen im Karlsruher Rheinstrandbad, in: Programmbuch der Karlsruher Herbsttage 1929. Sonderausgabe der Karlsruher Wochenschau (Amtliche Zeitschrift des Verkehrsvereins), Karlsruhe e. V. 1929, S. 65-68, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/pageview/3664092 /(Zugriff am 27. Dezember 2021); Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 10. Mai 1989 (60 Jahre Rheinstrandbad Rappenwört); Bäderkonzept 2010 – 1. Fortschreibung Bäderkonzept 2000, Beschlussvorlage in der 27. Plenarsitzung des Karlsruher Gemeinderats am 20. September 2011; Entwicklung der Bäder – 2. Fortschreibung 2013/1. Teil; Entwicklung der Bäder - Bäderkonzept 2020, 3. Fortschreibung des Bäderkonzeptes 2000.

Literatur

Harald Ringler: Stadtbaugeschichte Karlsruhe 1715-2000, Ubstadt-Weiher u. a. 2021, S. 164-169 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 36).