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Luftverkehr


Plan des für den Deutschen Zuverlässigkeitsflug als Flugplatz genutzten Karlsruher Exerzierplatzes, 1912, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XVI 565.
Gruppenbild vor dem ersten in Karlsruhe gelandeten Flugzeug der Junkerswerke, 1925, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XIVa 2031.

Luftverkehr

Ende 1924 gründete die Stadt Karlsruhe gemeinsam mit den führenden Firmen des Handelskammerbezirks und der Junkers Flugzeugwerke AG die Badische Luftverkehrs-Gesellschaft m. b. H. Nun entstand auf dem ehemaligen Exerzierplatz, der auch schon vor und während des Ersten Weltkriegs zeitweise als Flugplatz genutzt worden war, in relativ kurzer Zeit ein ziviler Flugplatz, dessen Bauarbeiten als Notstandsarbeiten durchgeführt wurden. Bereits im Frühjahr 1925 konnten die ersten Flugzeuge auf dem Flugplatz landen, der ungewöhnlich nahe am Stadtzentrum lag, so daß kaum ein Zeitverlust durch die An- und Abfahrt entstand. Schon im ersten Betriebsjahr wurden annähernd 2.000 Fluggäste befördert und 75.000 Flugkilometer mit eigenen Flugzeugen zurückgelegt, obwohl nur im Sommerhalbjahr geflogen werden konnte. 1926 richtete die Badische Luftverkehrsgesellschaft in der Reithalle der Telegraphenkaserne eine eigene Flugzeugwerft ein. In demselben Jahr schloss sich die Badische Luftfahrtgesellschaft mit einer zur gleichen Zeit in Mannheim entstandenen Gesellschaft zur Badisch-Pfälzischen Luft Hansa AG zusammen, deren Flüge die ebenfalls in diesem Jahr gegründete Deutsche Lufthansa übernahm.

Zum 1. Mai 1925 gab die Luftverkehrs-Gesellschaft mbH ihren ersten Flugplan mit den Strecken Karlsruhe-Berlin (über Stuttgart und Leipzig), Karlsruhe-München und Karlsruhe-Zürich (jeweils über Stuttgart) und Karlsruhe-Basel heraus und nahm am selben Tag auch den Flugverkehr von Karlsruhe nach Frankfurt/Main auf, wo Anschlussmöglichkeiten über Erfurt und Leipzig nach Berlin sowie über das Ruhrgebiet und Bremen nach Hamburg bestanden. Noch im Mai kam ein zweites Junkers-Verkehrsflugzeug für die Strecke Karlsruhe-Stuttgart zum Einsatz.

Die Fusion von der Badischen Luftverkehrs-Gesellschaft mbH in Karlsruhe und der 1925 zur Förderung der badischen und pfälzischen Luftverkehrsinteressen gegründeten Badisch-Pfälzischen Luftverkehrs AG Mannheim zur Badisch-Pfälzischen Luft-Hansa AG im Mai 1926 führte zu einem Aufschwung, so dass Anfang der 1930er-Jahre zwischen der badischen Landeshauptstadt und zahlreichen deutschen und europäischen Großstädten Flugverbindungen bestanden, 1932 waren es 39. Der Flughafen verlor in der Endphase der Weimarer Republik an Bedeutung und auch die Nationalsozialisten förderten ihn wegen der Grenznähe nicht. Die Zahl der ankommenden und abfliegenden Fluggäste betrug 1933 847, 1934 1.230 und 1935 1.687 Personen. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Flugplatz wiederholt das Ziel alliierter Bombenangriffe, so dass bei Kriegsende die meisten Gebäude des Flughafens weitgehend zerstört waren.

Nach dem Krieg wurde der Flugplatz von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und zum größeren Teil bis 1996 genutzt. 1953 gelang es Oberbürgermeister Günther Klotz, der schon seit längerem auf die Freigabe des Flugplatzgeländes für den Wohnungsbau in der Nordweststadt drängte, im Tausch gegen die Erweiterung der Paul-Révère-Village die Freigabe für 40 Hektar auf der Westseite des Flugplatzes zu erreichen. Die Gesamtplanung für die Bebauung des Flugplatzgeländes konnte nicht realisiert werden, da die Freigabe des östlichen Teils wegen der fortgesetzten Nutzung als Flugplatz nicht möglich war. Nach dem Abzug der Amerikaner 1996 wurde der Alte Flugplatz wieder der Natur überlassen, die offizielle Anerkennung des Sandbiotops als Naturschutzgebiet erfolgte im November 2010.

Die Stadt hatte nicht zuletzt aufgrund des Bedeutungszuwachses nach der Ansiedlung der beiden obersten Bundesgerichte (Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof) ein starkes Interesse an einem eigenen Verkehrsflugplatz und im März 1954 26 Hektar Gelände für einen Karlsruher Flugplatz von der Gemeinde Forchheim bekommen, der am 22. September 1957 eingeweiht wurde. Zwei Jahre später wurde der Flugplatz in den planmäßigen Luftverkehr einbezogen und erhielt am 4. August 1961 viermal wöchentlich eine Flugverbindung nach Düsseldorf, die aber bald mangels Nachfrage eingestellt werden musste. Nach dem Ausbau der Start- und Landebahn auf 950 Meter Länge und 30 Meter Breite und dem Einbau der Nachtflugbefeuerung im Jahr 1965 wurde der Flugplatz für Flugzeuge bis 5,7 Tonnen zugelassen, mit Sondergenehmigung bis 20 Tonnen Höchstabfluggewicht.

Die zunehmende Auslastung des Flugplatzes führte zu einer verstärkten Lärmbelästigung, so dass ein weiterer von der Stadt Karlsruhe gewünschter Ausbau aufgrund der Anwohnerbeschwerden immer schwieriger wurde. 1992 lehnte die Gemeinde Rheinstetten eine Verlängerung des Pachtverhältnisses mit der Stadt Karlsruhe ab. Als sich die Chance zur zivilen Nutzung des ehemaligen Militärflughafens der Kanadier in Söllingen bot, konnte unter Karlsruher Federführung eine Entwicklungsgesellschaft Söllingen gegründet werden. Die Stadt entschloss sich nach einem Abwägungsprozess zwischen dem Ausbau des Flugplatzes Forchheim und der gemeinsamen Nutzung Söllingens mit allen Interessierten in der Region zu diesem Schritt, den der Regionalverband Mittlerer Oberrhein, das Regierungspräsidium, die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Gremien der Technologieregion förderten. Mit dem inzwischen von einem Firmenkonsortium betriebenen Baden-Airport verfügt die Region seit dem Jahr 2000 über einen Flughafen mit moderner Technik für Großflugzeuge.

Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch 2015

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Residenzstadt, Landeshauptstadt, Gauhauptstadt. Zwischen Demokratie und Diktatur 1914-1945, in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, S. 358-502, S. 392-394, Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 27. Juli 2022); Manfred Koch/Jürgen Morlock (Hrsg.): Von Graspisten zum Baden-Airport. Luftfahrt in Mittelbaden, Karlsruhe 1999.