Menü
Suche

Notstandsarbeiten


Auch in Durlach wurden Notstandsarbeiten durchgeführt: Gruppe von Arbeitern beim Bau der Panoramastraße (später Reichardtstraße), 1931, Pfinzgaumuseum Durlach U II 498.

Notstandsarbeiten

Obwohl die Zahl der Arbeitslosen im Kaiserreich immer relativ gering war, hatte die Stadt schon vor dem Ersten Weltkrieg wiederholt Notstandsarbeiten ausführen Lassen. Daran konnte sie nach 1918 angesichts steigender Arbeitslosenzahlen anknüpfen. Als Sofortmaßnahme ließ sie rasch eine Reihe von Notstandsarbeiten durchführen: Im Februar 1919 waren trotz starken Frostes rund 1.300 Notstandsarbeiter vor allem beim Tiefbauamt beschäftigt. Ein Teilstück der Sophienstraße wurde gepflastert, der Bau des westlichen Entlastungskanals der Schwemmkanalisation und die Vorarbeiten an dem Hochwasserdamm des fünften Rheinhafenbeckens wurden begonnen. 1924 entstand auf dem ehemaligen Exerzierplatz in relativ kurzer Zeit ein Flugplatz.

Als im Winter 1925/26 die Erwerbslosenzahl wieder kontinuierlich anstieg und im Februar 1926 eine neue Höchstmarke erreichte, vergab die Stadt daraufhin erneut umfangreiche Notstandsarbeiten, bei denen im Schnitt 500 Personen täglich eingesetzt wurden. Der Bürgerausschuss bewilligte den Bau des Rüppurrer Sammelkanals, Straßenarbeiten im Weiherfeld, an der Reichs- und an der Ebertstraße und im Industriegebiet bei der Maschinenbaugesellschaft in Mühlburg. Im September begannen die Vorbereitungsarbeiten für das Rheinstrandbad Rappenwört.

Nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929 verstärkte die Stadt die Vergabe von Notstandsarbeiten. So wurden im Jahr 1930 z. B. die Verlegung der Alb begonnen und weiteres Industriegebiet am Rheinhafen realisiert. Notstandsarbeiter waren auch in den folgenden Jahren in städtischen Betrieben, in einer von der Stadt seit 1920 betriebenen Gemeinnützigen Beschäftigungsstelle und in der Industrie im Einsatz. Bei der Erweiterung des Stichkanals des Karlsruher Rheinhafens im Jahr 1932 setzten die beteiligten Firmen je 45 Prozent Arbeitslose und Fürsorgeempfänger und nur 10 Prozent von ihrem Stammpersonal ein. Auch in Karlsruhe trugen die Notstandsarbeiten bis 1933 aber nur relativ wenig zur Entlastung des Arbeitsmarktes bei.

Die neue nationalsozialistisch geleitete Stadtverwaltung profitierte von den vor 1933 eingeleiteten Gegenmaßnahmen. Die 1934 umgesetzten Notstandsarbeiten, unter anderem im Bereich des Straßenbaus, der Erweiterung des Rheinhafens, der Wasserversorgung Bulachs und der Erweiterung des Operationsgebäudes des städtischen Krankenhauses waren bereits 1932 beschlossen worden.

Ernst Otto Bräunche 2015

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Residenzstadt, Landeshauptstadt, Gauhauptstadt. Zwischen Demokratie und Diktatur 1914-1945, in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, S. 358-502, S. 409-412, Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 27. Juli 2022).